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Ein Komet, Kugelsternhaufen und Galaxien

Beobachtungsbericht vom 08.08.2004

Da wir bisher seit Anschaffung des Teleskopes entweder keinen klaren oder ,wenn klar, keinen dunklen Himmel hatten, bot sich nun die erste Gelegenheit wenigstens noch eine Stunde bei einigermaßen dunklen Himmel vor Aufgang des Mondes zu beobachten. Dabei wollten wir auch eine Eigenkonstruktion einer motorischen Fokussierung in der Praxis erproben (näheres dazu im Optimierungsbereich).

Beobachtungsort: Brelingen, ca. 20 km nördl. von Hannover
Beobachtungsbeginn 22:45 Uhr
Beobachtungsschwerpunkt: Deep-Sky, Komet C2003 K4/ LINEAR
Skywatcher 150/750 Newton auf EQ3 , 40 cm Tauschutzkappe, 9x50 Winkelsucher von Orion mit 9cm Tauschutzkappe, Nachführung der RA und motorische Fokussierung.

Vorbereitungen

Zu Beginn legen wir das Rohr immer zuerst raus, damit es sich schon abkühlen kann. Um 22:45 war alles aufgebaut, ausgerichtet und justiert. Ein Sterntest bei 120-fach ergab extrafokal konzentrische Ringe, intrafokal minimal verschoben. Das wollten wir erst mal nicht deuten, vielleicht muß man höher vergrößern und das Rohr besser auskühlen lassen. Vorher hatten wir bei Carsten noch mal die motorische Fokussierung überprüft, darum hatten wir leider keine Zeit mehr, das Rohr noch länger auskühlen zu lassen und legten gleich los. Sichtverhältnisse: Der Sternhimmel bot sich recht klar an. Die Sterne flimmerten kaum, und die Milchstrasse zeichnete sich sehr deutlich bis zu einer Höhe von ca. 30° über Horizont ab. Leichter, teilweise böiger Wind.

Als Beobachtungsobjekte hatten wir einige Deep-Sky Objekte ausgewählt, für die ich zuvor mit Cartes du Ciel entsprechende Detailkarten ausgedruckt hatte. Außerdem sollte der Komet C2003 K4/ LINEAR mit mag 6.3 im Sternbild Bootes gut zu sehen sein. Mit diesem begannen wir dann auch die Beobachtung, da er bald zu sehr in Horizontnähe gelangen würde.

Komet C2003 K4/ LINEAR und Kugelsternhaufen

Ausgehend von Eta Bootes ( Mufrid ) fanden wir mittels "Starhopping" schnell den Kometen. Er war bereits im Sucher zu erkennen. Einen ausgeprägten Schweif konnten wir nicht sehen, aber es war zu erkennen, daß der recht helle Kern von einer Art leicht in eine Richtung verschobenen milchigen Ellipse umgeben war. Ein interessanter Anblick.

Da die Koordinaten in der Deklinations-Achse für den Kometen etwa stimmten, wollte ich nun 2 Kugelsternhaufen die nicht von gut ersichtlichen Sternkonstellationen umgebenen waren mittels einer neuen Methode auffinden: M3 und M5.

Der Kugelsternhaufen M3 lag ja gleich "um die Ecke" und war schnell im Blickfeld. Ein schöner "kugeliger" Anblick, keine Auflösung in Einzelsterne am Rand bei 75-facher Vergrößerung erkennbar. M5 im Sternbild Serpens caput ( Haupt der Schlange ) war da schon eine Herausforderung. Die entsprechende Dek. Koordinate eingestellt und dann an der RA-Achse in die Richtung geschwenkt wo ich ihn etwa erwartete. Nach ein wenig langsamen hin und herschwenken bei genauer Beobachtung erschien er im Sucher.

M5 erschien größer als M3 und hatte auch etwas Auflösung in Einzelsterne im Randbereich. Ein schönerer Anblick als bei M3. Der Himmel wurde immer dunkler und nun wollte ich noch mal M51 bei diesen Bedingungen sehen.

Galaxien

Die Galaxie M51 war diesmal schnell gefunden, da ich ihre Lage von der letzten Beobachtung gut kannte. Zu unserem Erstaunen war M51 sogar schemenhaft im Sucher zu erkennen!!! Im Übersichtsokular war sie schon deutlich auszumachen. Bei 30-facher und 75-facher Vergrößerung war deutlich die Aufsicht auf eine Galaxie und ihre Schwester zu sehen. Ansätze eines Spiralarmes ließen sich bei indirektem Sehen erahnen. Das war deutlich besser als beim letztenmal, wo der Mond schien. Ein toller Anblick. Nun kam M31 dran. Mit der neuen Auffindmethode war sie schnell im Sucher. Heller und größer erschien sie uns heute. Daß das eine Galaxie von der Seite war, konnten wir gut erkennen. Spiralarme haben wir natürlich nicht erwartet und auch nicht gesehen. Trotzdem super.

Jetzt wurde ich übermütig und wollte die Galaxien M81 und M82 finden. Mit meiner neuen Methode bekam ich sie leider nicht ins Blickfeld, aber dafür eine auffällige Sternkonstellation (ein kleines Dreieck von Sigma 1, Sigma 2 und Rho Ursae majoris). Dadurch hatte ich sie schnell im Sucher! Wie M51(!!!) konnte ich diese Galaxien bereits im Sucher erkennen. Dieser Sucher entpuppte sich bei diesen Sichtverhältnissen als echter Finder, ich bin überaus zufrieden mit dieser Anschaffung. Im Okularanblick waren wir dann beide echt platt: Mit dem 25mm Kellner lagen beide Galaxien schön erkennbar im Blickfeld. Das machte einen irren Eindruck 2 Galaxien auf einmal zu sehen. M81 lag ( auf dem Kopf) oberhalb mit hellem Kern und milchigem Rand, deutlich eine Galaxie von oben. M82, etwas dunkler, aber von der Kontur her deutlicher , war als Zigarre zu erkennen und sah interessanter aus. Carsten wollte dies Objekt größer haben, und tatsächlich, bei 75- und 125-facher Vergrößerung ließen sich dunklere Strukturen in der Längsachse ausmachen. "Star-Wars" ließ grüßen. Überwältigend.

M13 und M57, technische Probleme

Bald sollte der Mond aufgehen, daher noch ein schneller Test an M13 und M57. Diese waren mittels nahgelegener gut sichtbarer Sterne schnell gefunden. Die entsprechende Einstellung in der Dek.-Achse war dabei hilfreich. Der Kugelsternhaufen M13 war absolut sternenreich, funkelnd und einfach Klasse (75-und 120-fach). Ein Versuch: 250-fach durch Barlow. Hell war das nicht mehr, aber Einzelsterne waren immer noch zu sehen.

Die EQ3 zeigte hier bei frischerem Wind ihre ersten Schwächen. Mit der 40cm Tauschutzkappe ist das ganze System von Länge und Gewicht (ca. 5,5 kg) deutlich an seiner Grenze, und wackelte bei auffrischendem Wind schon beträchtlich und beeinträchtigte die Beobachtung schon erheblich. Wer mit diesem System ernsthaft fotografieren will, kann dies nur bei absoluter Windstille tun.

Auch die motorische Fokussierung zeigte hier ihre Grenzen. Bisher war das echt hervorragend, ohne Wackelei zu fokussieren. Aber bei hohen Vergrößerungen läßt sich der Motor leider nicht langsam genug regeln. Er spricht zwar auf die Steuerung an, aber dreht sich ab einer bestimmten Spannung nicht mehr. Bei 250- fach war es schon eher Zufall , daß wir das scharf bekamen. Das wollen wir noch mal beim Mond ausprobieren, vielleicht ist das nur gewöhnungsbedürftig, denn auf eine solche Art zu fokussieren wollen wir nunmehr nicht verzichten. Wir müssen noch mal schauen, ob wir eine bessere Übersetzung mit anderen Zahnrädern hinbekommen und die Spannungsregelung der Steuerbox verbessern.

Der Ringnebel M57 bot diesmal bei 120-facher Vergrößerung sogar noch Details. Deutlich war der Ring unterschiedlich schattiert. Den Zentralstern konnte ich nicht ausmachen

Nun sollte eigentlich der Mond aufgehen, aber die Versorgung der Bevölkerung mit Agrarprodukten hatte vorrang. Gleichzeitig tauchten 3 Mähdrescher mit ihren taghellen Scheinwerfern auf, begannen mit ihrer Arbeit und blendeten uns andauernd. An Beobachten war nicht mehr zu denken. Aber das reicht ja auch für einen Abend. Überaus zufrieden packten wir wieder ein. Was bringt dann erst eine klare Winternacht mit gut ausgekühltem Rohr?
Wir sind gespannt.


Nachtrag:
Die motorische Fokussierung haben wir mit einer 1:3 Untersetzung durch Zahnräder verbessern können. Die beschriebenen Probleme sind damit behoben.

Kartenanhang

Zum Schluss möchte ich mit 3 Sternkartenausschnitten von den galaxien M81 und M82 verdeutlichen, wie ich mittels "Starhopping" von einem gut auffindbaren Stern zu dem gesuchten Objekt komme.

Zuerst suche ich einen geeigneten Ausgangsstern. Die roten Kreise auf den Karten zeigen immer die Ausschnitte an, die im Sucher zu sehen sind. An den Überlagerungen der Kreise kann man sehen wie ich mich weiter orientiere.



Wenn eine auffällige Sternkonstellation in der Nähe dieses Ausgangssternes ist, nehme ich diese als neue Orientierungsmarke.



Dann ist das gewünschte Objekt schon in der Nähe. Ist dieses für den Sucher zu lichtschwach, so dienen hier auch wieder markante Sternkonstellationen als Orientierungshilfe, so wie die beiden helleren Sterne oben links im Sucherfeld, die ich erneut zentriere und dann die Galaxien in "greifbarer Nähe" habe. Ist das Objekt von einem hellen Ausgangsstern sehr weit weg, so kann man das Ganze mit mehreren Zwischenschritten durchführen.