Seeing1 Banner

Rolleicord III

produziert Nov. 1950 - Juli 1953



Technische Daten:
- TLR Kamera für 120er Rollfilm 6x6
- Aufnahmeobjektiv: Schneider-Kreuznach Xenar 75mm f/3.5 -f/22
- Sucherobjektiv: Heidosomat 75mm f/3.2
- an den Objektiven Rollei Bajonett 1 für Filter und Aufsätze
- Compur Rapid Verschluss
- Belichtungszeiten: Bulb, 1", 1/2, 1/5, 1/10, 1/25, 1/50, 1/100, 1/250, 1/500 Sek.
- Filmtransport mit Drehrad und Stoppfunktion, Filmzählwerk, keine Doppelbelichtungssperre
- Gewinde für Drahtauslöser
- Blitzkontakt
- 3/8" Stativgewinde



Als diese Kamera hergestellt wurde, da galt Franke&Heidecke alias "Rollei" in Braunschweig noch als Synonym für hochwertigste Kameraproduktion aus Deutschland, die in der ganzen Welt hoch geschätzt wurde. Die TLR's (twin lens reflex) bwz. zweiäugigen Spiegelreflexkameras von Rollei sind in der Geschichte der Kameraproduktion ein Denkmal für sich. Die Rolleicord ist dabei eine "abgespeckte" Version der Rolleiflex. Unterschiede bestehen in den Objektiven und dem Filmtransportmechanismus. Am auffälligsten ist die Transportkurbel bei den Rolleiflexmodellen, die es bei den Rolleicord nicht gibt.

Vor den SLR Kameras (single lens reflex), bei denen Sucherbild und Filmebene mittels eines Klappspiegels durch ein Hauptobjektiv abgebildet werden, boten nur die TLR's den Vorteil, das Motiv im Sucher direkt scharf zu stellen und die Bildwirkung zu erfassen. Bauartbedingt konnte aber nur ein Zentralverschluss mit maximal einer 1/500 Sek. verwendet werden und die paralell angeordneten Aufnahme- und Sucherobjektive hatten im Nahbereich einen unterschiedlichen Bildausschnitt. Das TLR Prinzip hat aber gegenüber der SLR hat den gravierenden Vorteil der deutlich ruhigeren Auslösung, da hier kein Spiegel klappen muss. Trotzdem verdrängte die SLR mit dem praktischeren Kleinbildformat die TLR vom Markt.

Eine Rolleicord mit viel Zubehör

Ganz ehrlich ... eine Rolleiflex war mir doch etwas zu teuer. Gebrauchtpreise zwischen 300-600€ laden nicht gerade dazu ein, sich eine Rolleiflex zu besorgen. Also schaute ich mich nach einer günstigeren Rolleicord um. So gelangte am 05.10.2008 diese Rolleicord III (Typ 2) für 63 Euro über ebay in meinen Besitz. Das Xenar Aufnahmeobjektiv ist klar und ohne Putzspuren. Das Heidosomat Sucherobjektiv hat aber Flecken im Inneren, die wie ein Fungus aussehen. Die Begutachtung durch Fotomechanik-Reinhart in Hannover, die auf Rollei und Minolta spezialisiert sind, ergab, daß es sich wohl nicht um einen Fungus handelt, sondern eher um Dreck, der durch den Versuch der Reinigung mit Pressluft eingeblasen wurde. Sonst hat die Kamera die üblichen Gebrauchsspuren, und arbeitet in allem tadellos.
Gegen einen kleinen Aufpreis von 10€ legte die Verkäuferin der Kamera reichlich Zubehör anbei. So war ein kompletter Satz der Nahlinsen "Rolleinar" 1-3 mit zugehörigen Parallaxenprismen "Rolleiparkeil" anbei. Außerdem waren original Rollei Grün-, Gelb-, Orange- und H1-Filter anbei. 2 Gegenlichtblenden, eine davon in Neuzustand im Originalkarton bekam ich auch. Filter und Gegenlichtblenden für Retina Kameras, ein ROWI Fernauslöser aus Metall und viele Kleinteile waren auch noch dabei.

Orange, Grün, Gelb und H1 Filter mit original Boxen



Die Mattscheibe der Rolleicord

Die Mattscheibe ist wie bei allen alten Rolleicords recht dunkel. Bei Ebay werden immer wieder hellere Ersatz-Mattscheiben für ca. 30€ aus Asien angeboten, wovon ich mir eine bestellte. Von diesen kann ich aber nun nur abraten. Sie sind zwar wirklich deutlich heller, aber insgesamt von zu schlechter Qualität für das Geld. Fokussieren geht ausschließlich mit der Schnittbildscheibe in der Mitte, der Fresnellring drumherum ist nur 1-2mm breit und unbrauchbar. Fokussieren über die Mattscheibe selbst geht gar nicht, da die zu grobe Fresnellstruktur der Mattscheibe dies nicht zulässt und zudem den sonst so schönen Gesamteindruck beim Blick durch den Lichtschachtsucher einer TLR zerstört.
Ich habe unter die dunkle Mattscheibe einfach eine 1,80 Euro Fresnellinse geklemmt. Die normalerweise in den Ecken extrem dunkle Mattscheibe ist zwar insgesamt immer noch recht dunkel, aber dadurch deutlich gleichmäßiger ausgeleuchtet. Der schöne Gesamteindruck beim Blick durch den Lichtschachtsucher bleibt erhalten.

Fotografieren mit der Rolleicord III

Die Rolleicord hat am Boden am Stativgewinde einen flachen Hebel, den man in die angezeigte Pfeilrichtung dreht. Dabei wird der Gehäuse-Verschluss etwas nach vone geschoben und kann aufgeklappt werden. Die Rückwand der Kamera springt nun fast automatisch auf, dabei wird auch der Bildzähler in die Null-Position zurückgesetzt. Oben setzt man eine leere Nehmerspule ein, der unbelichtete Film wird unten eingelegt. Zum einfachen Einlegen, lassen sich die Knöpfe auf der einen Seite ausziehen und herausgezogen durch Drehen einrasten. Der Film wird in der Nehmerspule eingefädelt, die Nehmerspule dreht man nun mit dem Filmtransportknopf bis die Start-Markierung des Films auf einen kleinen roten Punkt rechts am Filmschacht zeigt. Dann klappt man die Kamera zu, klappt den Gehäuseverschluss herunter und dreht den Verschlusshebel wieder zu. Nun ist die Kamera wieder sicher verschlossen. Dann dreht man am Filmtransportknopf so lange, bis der Transport einrastet und die "1" im Filmzähler erscheint. Zum Weiterdrehen muss man immer den Knopf in der Mitte des Filmtransportknopfes drücken, dann lässt sich der Film weiter drehen, bis er bei der nächsten Bildnummer wieder einrastet. Die Kamera hat keine Doppelbelichtungssperre, man kann also auch ohne weiter zu spulen beliebig oft auslösen. Vorsicht also vor Mehrfachbelichtungen! Ich habe es mir angewöhnt, nach jeder Aufnahme gleich bewusst weiter zu spulen. Ganz sicher geht man, wenn man sich die Bildnummern mit den Motiven nach jeder Aufnahme aufschreibt.

Bildzähler, Transportknopf, Fokussierknopf und Anzeige der Verschlusszeiten


Vorne am Aufnahmeobjektiv befinden sich links und rechts die Hebel zum Einstellen der Verschlusszeit und Blende. Die Werte werden in kleinen Fenstern oben an den Hebeln am Objektivgehäuse angezeigt. Unten am Hauptobjektiv befindet sich auch noch ein 3. Hebel zum Spannen und Auslösen des Verschlusses. Wenn man die Kamera in Fotografierposition hält zieht man den Hebel nach rechts um den Verschluss zu spannen und schiebt ihn nach links um auszulösen. Dies macht man am besten immer mit Rechts, wie auch das Fokussieren. Mit Links hält man stets die Kamera. Auf der Seite wo der Transportknopf ist, befindet sich auch der Fokussierknopf mit Entfernungsangaben und Tiefenschärfeskala. Der Lichtschacht lässt sich einfach auf der Körper-zugewandten Seite aufklappen. Die Lupe klappt man aus, indem man gegen die vordere Klappe im Lichtschachtgehäuse drückt. Normalerweise springt die Lupe gleich in Beobachtungsposition. Wenn die Feder aber ausgeleiert ist, muss man sie ganz nach oben drücken, sonst kann man nicht richtig damit scharfstellen. Exaktes Fokussieren ohne Lupe ist so gut wie unmöglich. Drückt man die vordere Klappe ganz nach unten rastet sie ein. Nun kann man durch das kleine Quadrat hinten im Lichtschachtgehäuse und das große Quadrat vorne grob anvisieren. Dies nannte man den "Sportsucher", wo man neben dem Blick durch den Sucher auch die Sicht für das umliegende Geschehen benötigt, um spontane Aufnahmen zu machen. Die Entfernung stellt man dann vorher ein. Hinten am Lichtschachtgehäuse ist ein kleiner silberner Knopf, den man drückt, damit die Klappe dann wieder gelöst wird und nach vorne klappt.

Hebel und Anschlüsse um das Aufnahmeobjektiv
Links für Verschlusszeiten, rechts für die Blende, unten für Spannen und Auslösen
Ganz links unten ist der Blitzkontakt, rechts unten der Anschluss für einen Drahtauslöser


Das Fotografieren mit einem Lichtschachtsucher macht immer wieder Spaß. Es ist quasi wie ein Display einer Digitalkamera, nur besser! Es entsteht ein richtiger räumlicher Eindruck, den kein Display wiedergeben kann. Das Sucherbild ist aber entscheidend von der Qualität der Mattscheibe abhängig, und die ist wie schon beschrieben bei den Rolleicords noch nicht überzeugend. Das trübt etwas den Fotospaß. Sehr angenehm ist bei der Rolleicord das relativ geringe Gewicht. Ich nehme sie immer gerne mit, wenn die Mittelformatfotografie nicht so viel wiegen darf. An die Verschlussspannung und Auslösung mit dem Hebel unter dem Aufnahmeobjektiv gewöhnt man sich recht schnell und ich empfinde es eigentlich als recht praktisch. Das Xenar ist schön scharf und hat auch ein schönes Bokeh.


Informative Links:
rolleiclub.com

Aufnahmen von und mit meiner Rolleicord III aus meinem flickr Fotostream





...und weil sie so schön ist noch 2 Ansichten...

Belichtungstabelle auf der Rückseite



Rollei Logo auf dem Lichtschachtsucher